Digitalisierung in Deutschland - Dilettantismus bei der Grundsteuererklärung ‐ Seite 3/3

veröffentlicht von doelf am 12.07.2022

Tipps zur Datenbeschaffung

Ob und welche Daten bereitgestellt werden, entscheiden natürlich die Länder. Was eigentlich jedes Land zur Verfügung stellen muss, ist der Bodenrichtwert je Quadratmeter in Euro. Mit BORIS-D, dem Bodenrichtwertinformationssystem für Deutschland, einem Gemeinschaftsprojekt mehrerer Bundesländer, steht im Prinzip die ideale Plattform zur Abfrage der Bodenrichtwerte zur Verfügung und auf diese wurde auch häufig verwiesen. Allerdings nicht zur Abfrage der Bodenrichtwerte, sondern zum Auffinden der Links für die Portale der Finanzverwaltungen der einzelnen Bundesländer. Kein Witz: Die in BORIS-D abrufbaren Bodenrichtwertinformationen sind nicht für die Grundsteuererklärung zu verwenden! Und warum? Amtliche Auskünfte über Bodenrichtwerte und weitere Daten der Gutachterausschüsse bleiben ausdrücklich den jeweiligen Landesportalen und den örtlich zuständigen Gutachterausschüssen vorbehalten! Ach so. Verstehen muss man das nicht. Sachsen und Schleswig-Holstein haben angeblich noch keine Bodenrichtwerte veröffentlicht (Stand 12.07.2022), doch wir konnten diese nach kurzer Recherche aufspüren - Chaos pur! Darüber hinaus ist die Rechtmäßigkeit der Verwendung dieser von Gutachterausschüssen festgelegten Bodenrichtwerte zum Festsetzen der Grundsteuer durchaus umstritten und könnte im Nachhinein noch gekippt werden.

Der Bundes-BORIS darf nicht

In Bezug auf die Datenbeschaffung ist die Finanzverwaltung NRW sehr hilfreich, denn das Portal Grundsteuer Geodaten liefert nicht nur den Bodenrichtwert, sondern auch die Gemarkungsnummer, das Grundbuchblatt, Flur samt Zähler und Nenner des Flurstücks sowie dessen amtliche Fläche in Quadratmetern, den Entwicklungszustand und Nutzungsart des Grundstücks. Bezüglich des Bodenrichtwerts haben wir ein paar Stichproben gemacht und - Überraschung - das NRW-Portal Grundsteuer Geodaten gab bei allen Testläufen die selben Werte aus wie BORIS-D. Die ganzen Daten auf Grundsteuer Geodaten stammen von der Finanzverwaltung NRW und werden den Eigentümern sozusagen auf dem Silbertablett serviert. Und so schön wir das auch finden, so absurd ist es, dass die Eigentümer die von der Finanzverwaltung NRW bereitgestellten Daten über ELSTER und die Grundsteuererklärung an die Finanzbehörden in NRW übermitteln sollen. Irgendwie klingt das doch sehr nach einem Schildbürgerstreich.

Während man in NRW und Rheinland-Pfalz bequem nach Adressen suchen kann, benötigt man in Bundesländern wie Sachsen-Anhalt die Flur sowie den Zähler und den Nenner des Flurstücks. In Mecklenburg-Vorpommern geht beides. Beim Saarland ist nur die allgemeine Informationsseite zur Grundsteuer verlinkt, doch die dortigen Bodenrichtwerte liefert das saarländische Landesamt für Vermessung Geoinformation und Landentwicklung (LVGL) in seinem Geoportal. Und diese Seite muss man erst mühsam suchen. Bayern stellt keine Bodenrichtwerte bereit, doch in Bayern funktioniert ja eh alles anders und daher werden dort auch keine Bodenrichtwerte benötigt. Gleiches gilt für Hamburg, doch dort kann man die Bodenrichtwerte in BORIS.HH dennoch einsehen. In Hessen muss man den dortigen BORIS aufspüren, um zu erfahren, dass die Finanzverwaltung diese Daten automatisch erhält. Und das wird vermutlich auch in den anderen Ländern, die einen Bodenrichtwert verlangen, so funktionieren. Kurzum, es herrscht Länderchaos und keiner blickt mehr durch. Wer Grundstücke in mehreren Bundesländern hat, sollte sich lieber schon vorab um einen Therapieplatz bemühen. Bevor man sich an die Grundsteuererklärung setzt, sollte man Kaufverträge, Bauanträge und ähnliche Quellen bereitlegen. Gibt es Grundbuchauszüge? Perfekt. Falls nicht, muss man diese besorgen.

Übersicht: Die wichtigsten Links für alle 16 Bundesländer

In der folgenden Übersicht verweisen wir auf die allgemeinen Informationsseiten der Bundesländer, auf weiterführende Informationen und Anleitungen, auf Download-Varianten der Grundsteuererklärung sowie auf die jeweilige Quelle zur Abfrage des Bodenrichtwerts. Viele Informationen wurden von den Bundesländern erst in den letzten Tagen nachgereicht und einige sind bisher nur angekündigt. Daher werden wir diese Übersicht gegebenenfalls noch erweitern.

Schlusswort

Steuerfragen sind wahrlich nicht unser Metier. Andererseits nervt uns jegliche überflüssige Zeitverschwendung, welche durch die digitale Unfähigkeit deutscher Behörden verursacht wird. Nicht wenige unserer Leser werden sich derzeit mit der Problematik Grundsteuererklärung konfrontiert sehen, sei es aufgrund eigenen Eigentums oder durch Fragen von Verwandten und Bekannten. Und daher teilen wir nur zu gerne unsere Erkenntnisse mit unseren Lesern und würden uns natürlich auch über weitere Tipps und Erfahrungsberichte freuen - in unserem moderierten Forum kann man auch als Gast schreiben!

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