Alle Details zu Intels Chipsatz-Rückruf
"Today Is So Yesterday" steht derzeit als Slogan auf Intels Webseite - und recht haben sie: Wer heute einen neuen Rechner kauft, muss wieder auf die Prozessoren und Chipsätze von gestern zurückgreifen, da die Ware von heute angezählt am Boden liegt. Die Bekanntgabe eines schwerwiegenden Designsfehlers in allen Chipsätzen der Cougar-Point-Familie kommt zudem zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt, denn halb Asien macht gerade Neujahrsferien.
Wie äußerst sich das Problem?
Intel berichtet, dass der Fehler die Übertragungsrate der SATA-II-Schnittstellen mit der Zeit sinken lässt. Zudem kann es dazu kommen, dass die angeschlossenen SATA-Geräte nicht mehr funktionieren bzw. vom Chipsatz nicht mehr erkannt werden. Der Fehler tritt ausschließlich im Zusammenspiel mit den vier SATA-II-Ports (3 Gb/s) auf, die beiden SATA-Anschlüsse der dritten Generation (6 Gb/s) arbeiten hingegen einwandfrei. Betroffen sind die Desktop-Chipsätze P67 und H67, deren Mobil-Varianten HM67 und HM65 sowie der Workstation-Chipsatz C200 - jeweils im Stepping B2.
Der Fehler steckt im Design dieser Chips und kann nicht mit einem Software-Update behoben oder umgangen werden. Es ist somit erforderlich, die betroffenen Chipsätze auszutauschen. In der Praxis läuft dies auf den Austausch des Mainboards hinaus. Nach jetzigem Kenntnisstand tritt der Fehler keinesfalls bei allen Chips auf und setzt zudem eine gewisse Nutzungsdauer voraus, weshalb das Problem auch erst nach der Auslieferung der fertigen Produkte entdeckt wurde. Die Mainboard-Hersteller ECS und Gigabyte nennen eine geschätzte Ausfallrate von weniger als fünf Prozent bezogen auf eine Nutzungsdauer von drei Jahren.
Wie wird Intel nun vorgehen und wann ist mit Ersatz zu rechnen?
Intel hat die Produktion der betroffenen Chipsätze im B2-Stepping gestoppt und bereits mit der Fertigung einer fehlerbereinigten Version (B3) begonnen. Bereits gefertigte Chips der Revision B2 werden derzeit nur noch an Notebook-Hersteller verkauft, sofern die damit bestückten Geräte ausschließlich die beiden SATA-III-Ports verwenden. Die Hersteller von Mainboards und die Mehrzahl der Händler haben in den vergangenen Tagen reagiert und betroffene Produkte aus dem Handel genommen.
Die überarbeiteten Chips sollen in kleineren Mengen ab Mitte Februar ausgeliefert werden, also ein wenig früher, als Intel dies zunächst erwartet hatte. Seine volle Fertigungskapazität wird Intel aber frühestens im April erreichen können. Zudem werden weitere Wochen ins Land gehen, bis die neuen Chips auf Hauptplatinen verbaut und diese nach Europa verschifft worden sind. Bis dahin sind die Sandy-Bridge-CPUs heimatlos und dürften sich zu unfreiwilligen Ladenhütern entwickeln. Kunden, die bereits auf eine Sandy-Bridge-Plattform umgestiegen sind, empfiehlt Intel, diese vorerst weiter zu benutzen. Sobald eine Alternative verfügbar ist, kann das fehlerhafte Produkt dann über den Handel getauscht werden.
Welche wirtschaftlichen Dimensionen hat der Schaden?
Da die fehlerhaften Systeme und Komponenten erst seit dem 9. Januar 2011 verkauft werden, ist die Zahl der betroffenen Kunden vergleichsweise gering. Auf der anderen Seite hatten Intels Partner bereits vor Monaten mit der Produktion ihrer Systeme und Mainboards begonnen und diese seit Anfang des Jahres auch massiv beworben, so dass sie von der Verzögerung schmerzlich getroffen werden. Intel geht zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass der Designfehler den Umsatz im ersten Quartal 2011 um 300 Millionen US-Dollar reduzieren wird. Für die Reparatur und den Austausch der betroffenen Systeme und Bauteile rechnet Intel mit Kosten in Höhe von ca. 700 Millionen US-Dollar.
Reaktionen der Hersteller:
Unsere Einschätzung
Dieser Chipsatzfehler ist für Intel zwar kein Supergau, doch er ist höchst peinlich und auch nicht gerade billig. Insbesondere die massive Verzögerung bei der Markteinführung der neuen Architektur könnte Intel teuer zu stehen kommen, da AMD nun schätzungsweise bis Mai Zeit hat, um seine ersten Modelle der Bulldozer-Generation in Stellung zu bringen. Zudem könnte es im PC-Markt zu Engpässen kommen, da sich die Hersteller von Mainboards und Computern auf einen zügigen Übergang zur Sandy-Bridge-Architektur eingestellt hatten.