Anleitung: Musik von Audio-CDs mit Präemphase entzerren ‐ Seite 1/4
veröffentlicht von doelf am 05.02.2022Die Präemphase, auch Akzentuierung genannt, ist im Falle von Audio-CDs ein leidiges Thema. Diese Technik wurde insbesondere Anfang der 80er-Jahre beim Erstellen von Audio-CDs eingesetzt und gehört zum Red Book
-Standard, welcher die Eigenschaften aller Audio-CDs festlegt. Alle Hi-Fi-CD-Spieler der 80er- und 90er-Jahre beherrschen diese Technik und passen den Ton bei der Wiedergabe entsprechend an. Bei modernen Abspielgeräten, insbesondere CD-Spielern aus dem High-End-Bereich, kann man sich leider nicht darauf verlassen und beim Auslesen von CDs am PC fällt die Tonanpassung grundsätzlich weg.
Im Prinzip werden die CDs zwar korrekt ausgelesen, doch letztendlich klingen sie falsch. Wer die Emphase der Audiodateien korrigieren will, muss dies mit einem Audio-Editor wie Audacity und den entsprechenden Equalizer-Einstellungen machen. In dieser Anleitung erklären wir, wie das genau funktioniert und haben auch diesmal wieder ein passendes Skript für Audacity bereitgestellt. Dieses funktioniert sowohl mit älteren als auch mit den aktuellen Versionen des Audio-Editors, bei denen der Equalizer umfassend überarbeitet wurde.
Was ist die Präemphase und wozu dient sie?
Bei der Präemphase handelt es sich um eine lineare Vorverzerrung, bei der hohe Frequenzen angehoben und tiefe abgesenkt werden. Wenn eine solche Akzentuierung auf Audiomaterial angewendet wird, klingt dieses in den Höhen und Tiefen überbetont. Das Verfahren wurde genutzt, um bekannte Unzulänglichkeiten der Aufzeichnungs- (Bandmaschine, Schallplatte) und Übertragungsverfahren (Radio) wie Rauschen zu umgehen. Im Rundfunkempfänger bzw. dem Abspielgerät wurde das Tonsignal dann wieder entzerrt, man spricht auch von De-Emphase bzw. Deakzentuierung, es wurden also die ursprünglichen Frequenzen wiederhergestellt. Das Audiomaterial klang damit wieder normal, doch Störgeräusche wie Rauschen fielen deutlich geringer aus.
Bei Audio-CDs ist dieses Verfahren eigentlich überflüssig, dennoch wurde es im Audio-CD-Standard, dem Red Book
, als Option für die Höhen aufgenommen. Hierfür gibt es zwei Gründe: Zum einen waren es Tontechniker gewohnt mit Präemphase zu arbeiten und zum anderen waren sich die CD-Erfinder Philips und Sony bezüglich der Sample-Tiefe uneins. Philips hatte für 14 Bit entwickelt, doch Sony konnte am Ende 16 Bit durchsetzen. Hierdurch kletterte das Signal-Rausch-Verhältnis von 84.29 auf 96.33 dB und machte den Einsatz der Akzentuierung überflüssig.
Berechnung des Signal-Rausch-Verhältnisses (SNR):
SNR in dB = 20 * log10(2Q)
Q ist dabei die Bitrate, also in diesem Fall 14 oder 16
Da diese signifikante Änderung recht spät kam, stand Philips zur Markteinführung der Audio-CD im Herbst 1982 nur der 14-Bit Digital-Analog-Wandler TDA1540 zur Verfügung. Erst 1985 folgte mit dem TDA1541 eine 16-Bit-Version. Und so kam es, dass insbesondere in der Frühzeit der Audio-CD zuweilen mit Präemphase gearbeitet wurde.
Jetzt wird es physikalisch-mathematisch
Bei Audio-CDs wurde die Präemphase ausschließlich im Bereich der Höhen eingesetzt. Hierfür waren die beiden folgenden Zeitkonstanten definiert:
- Anhebung der Höhen mit τ1 = 50 μs
- Absenkung der obersten Höhen mit τ2 = 15 μs
Aus diesen Zeitkonstanten lassen sich die Übergangsfrequenzen berechnen. Die Formel lautet:
Übergangsfrequenz in Hz = 1 / (2 * π * τ [in s])
Es ergeben sich die folgenden Werte:
- Untere Übergangsfrequenz #1: 3183.0988618379 Hz (ca. 3183 Hz)
- Obere Übergangsfrequenz #2: 10610.32953946 Hz (ca. 10.610 Hz)
Nun können wir die erforderliche Dämpfung für eine bestimmte Frequenz berechnen. Die Formel lautet:
Dämpfung für Frequenz f in dB = 10 * log10(A/B) - 10,4576
Die für die Formel benötigten Werte sind:
- A = 1 + 1 / H2
- B = 1 + 1 / L2
- H = 2 * π * f [in Hz] * τ2 [in s]
- L = 2 * π * f [in Hz] * τ1 [in s]
- f ist die zu untersuchende Frequenz in Hertz
- 10,4576 ist eine Konstante, mit der das Ergebnis relativ zu 0 Hz = 0 dB normalisiert wird
Soviel zu den physikalisch-mathematischen Grundlagen dieses Artikels, kommen wir nun zur Praxis. Und keine Sorge - ab sofort lassen wir wieder den Computer für uns rechnen ;-)