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Deye Mikrowechselrichter für Solaranlagen: Stilllegen oder Stillschweigen?

Meldung von doelf, Dienstag der 01.08.2023, 13:04:08 Uhr

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UPDATE 2: Anfang Juli 2023 machte ein fehlendes Relais in Modulwechselrichtern des Typs Deye SUN600G3 für Balkonkraftwerke eine große Welle. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) stellte fest, dass Geräte dieser Bauart die Norm VDE-AR-N 4105 nicht erfüllen und somit auch nicht für den Betrieb von Solaranlagen in Deutschland oder Österreich geeignet sind. Der Hersteller wurde seitens der BNetzA aufgefordert, seine Kunden über die nicht konforme Hardware zu informieren, ein Rückruf oder ein Betriebsverbot wurde bisher aber nicht verhängt. Dennoch veröffentlichte Deye einen Aufruf, die betroffenen Wechselrichter außer Betrieb zu nehmen, der kurz darauf aber wieder entfernt wurde. Stattdessen wurden die Modellnamen geändert und die Verfügbarkeit eines Hardware-Upgrades bekannt gegeben, welches bei näherem Hinsehen allerdings weitere Fragen aufwirft.

Das Problem
Rufen wir uns kurz das eigentliche Problem in Erinnerung: Bereits Ende Mai 2023 hatte ein Elektrochemiker und leidenschaftlicher Elektronikbastler namens Jens, der auf YouTube unter dem Namen VoltAmpereLux aktiv ist, ein Video über Modulwechselrichter des Typs Deye SUN600G3 für Balkonkraftwerke veröffentlicht. Die Mikrowechselrichter des chinesischen Herstellers Deye sind am Markt breit vertreten und werden beispielsweise mit einigen Balkonsolaranlagen von Kaufland und Netto geliefert. Vom Anbieter Greenakku sind bestimmte Mikrowechselrichter der Marke Bosswerk baugleich und auch bei Pearl finden sich Deye-Modelle unter dem Namen Revolt.

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Im Gegensatz zu anderen YouTubern hatte der Jens allerdings nicht nur das Auspacken des Deye SUN600G3 gefilmt oder das Einstecken eines Schukosteckers in eine Steckdose dokumentiert, sondern das Gerät geöffnet und die Vergussmasse von den Bauteilen auf der Platine entfernt. Dabei zeigte sich, dass dem Mikrowechselrichter ein Relais fehlt. Dieses Relais wird nach der Norm VDE-AR-N 4105 für den redundanten Netz- und Anlagenschutz benötigt. Es würde die Wechselspannungsseite auch dann abtrennen, wenn die softwareseitige Abschaltung aufgrund eines technischen Fehlers nicht mehr funktioniert.

Wegoptimiert und Missverstanden
Gegenüber Medien hatte Deye zunächst erklärt, aufgrund der höheren Ausfallsicherheit auf ein mechanisches Bauteil wie ein Relais bewusst verzichtet zu haben. Nach Ansicht des Herstellers ist die Betriebssicherheit gegeben und alle Anforderungen sind erfüllt. Erst als die Bundesnetzagentur dem widersprach, kündigte Deye am 21. Juli 2023 ein Upgrade in Form eines externen Relais an und forderte seine Kunden auf, die Mikrowechselrichter des Typs Deye SUN600G3-EU-230 vorerst stillzulegen. Einige Händler informierten zudem ihre Kunden über das bevorstehende Upgrade für den Deye SUN600G3-EU-230.

Seitens Deye wurde offenbar angenommen, dass die Bundesnetzagentur ein Betriebsverbot verhängt hatte. Da dem nicht so war, wurde die Warnung samt Upgrade-Ankündigung flugs wieder entfernt. Obiger Link führt daher auf eine leere Seite. Tatsächlich hatte die Bundesnetzagentur nur festgestellt, dass man Modulwechselrichter ohne redundante Schutzvorrichtung nicht als VDE-4105-konform bewerben darf. Damit fällt dann allerdings auch der Betrieb an Solaranlagen in Deutschland und Österreich flach. Überhaupt sind die Mikrowechselrichter SUN600G3-EU-230, SUN800G3-EU-230 und SUN1000G3-EU-230 auf Deyes Webseite kaum noch zu finden.

Eiersuchen, zwei Webseiten und neue Produktnamen
Wer auf Deyes Webseite deyeinverter.com nach den Mikrowechselrichtern SUN600G3-EU-230, SUN800G3-EU-230 und SUN1000G3-EU-230 sucht, muss inzwischen tief graben und wird nur noch in der Rubrik Downloads bei den Produktzertifikaten fündig. Stattdessen gibt es nun die Modelle SUN-M60G3-EU-Q0, SUN-M80G3-EU-Q0 und SUN-M100G3-EU-Q0, die lustigerweise die alte URL nutzen, aber dennoch ein anderes Design sowie leicht abweichende technische Daten aufweisen. Für alle sechs Mikrowechselrichter gibt es Produktzertifikate aus dem laufenden Jahr.

Wer die beiden Modellreihen vergleichen möchte, findet die Produktseite von SUN600G3-EU-230, SUN800G3-EU-230 und SUN1000G3-EU-230 übrigens unter deye.com inklusive des Hinweises auf die VDE-4105-Konformität. Während deye.com als Betreiber Ningbo Deye Technology Co., Ltd. ausweist, ist es bei deyeinverter.com die Firma Ningbo Deye Inverter Technology Co., Ltd., doch beide Webseiten verweisen auf die postalische Adresse No.26-30, South Yongjiang Road, Beilun, 315806, Ningbo, Zhejiang, 315806 VR China. Ja, da kommt Freude auf.

UPDATE: Upgrade-Lösung von TÜV und Intertek zertifiziert
In einer E-Mail hat Deye seinen Händlern heute mitgeteilt, dass die Upgrade-Lösung in Form eines externen Relais, dem SUN-MI-RELAY-01, vom TÜV und Intertek am 30. Juli 2023 zertifiziert worden ist. Diese Relais sollen laut heise online nun per Flugzeug nach Deutschland verfrachtet werden. Die neuen Zertifikate gelten nicht nur für das Modell SUN600G3-EU-230, sondern auch für die leistungsstärkeren Varianten SUN800G3-EU-230 und SUN1000G3-EU-230. Den Modellen M60G3-EU-Q0, SUN-M80G3-EU-Q0 und SUN-M100G3-EU-Q0 liegt das SUN-MI-RELAY-01 bereits bei. In der zugehörigen Installationsanleitung (PDF) hatten wir allerdings nichts dazu gefunden.

Überhaupt finden sich auf Deyes Webseiten noch keine Angaben zum Upgrade. Das wäre aber dringend erforderlich, denn laut heise online muss man den Hersteller über die E-Mail-Adresse support@deye.solar kontaktieren, um das Nachrüst-Relay SUN-MI-RELAY-01 zu erhalten. Sollte sich an dieser Praxis nichts ändern, dürften etliche bereits in Betrieb befindliche Mikrowechselrichter auf in Zukunft relaisfrei bleiben. Auf Youtube hat Deye Inversores übrigens eine Installationsanleitung für das SUN-MI-RELAY-01 veröffentlicht:

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Demnach wird das Relay zwischen Mikrowechselrichter und Wechselstromnetz eingesteckt. Verwendet man mehrere Mikrowechselrichter, werden die Relays zwischen den Invertern und den T-Verbindern platziert. Im Anschluss muss man über den Hotspot des Relays eine Verbindung mit dem WLAN einrichten. Worin der Sinn dieser WLAN-Verbindung besteht, ist uns unklar, denn eigentlich soll es sich ja nur um einen Schutzschalter handeln. Hinsichtlich der Anmeldung mit dem Nutzernamen admin und dem Passwort admin scheint Deye jedenfalls nichts hinzugelernt zu haben. Bleibt noch abzuwarten, ob die Bundesnetzagentur das Nachrüst-Relay ebenfalls abnicken wird.

UPDATE 2: Noch mehr Unklarheiten
Das Zertifikat des TÜV Rheinland wurde für die Mikrowechselrichter SUN-M60G3-EU-Q0, SUN-M80G3-EU-Q0 und SUN-M100G3-EU-Q0 ausgestellt, zu deren Lieferumfang angeblich das externe Relay SUN-MI-RELAY-01 gehört. Im Test lief auf den Mikrowechselrichtern die Firmware-Version 0235-1322. Die bisher verkauften Mikrowechselrichter SUN600G3-EU-230, SUN800G3-EU-230 und SUN1000G3-EU-230 hatten im Februar aufgrund massiver Sicherheitsprobleme im WLAN-Zugangspunkt ein Update auf die Firmware MW3_16U_5406_1.53 erhalten. Wie sich diese Versionsnummern miteinander vergleichen lassen, ist für uns nicht nachvollziehbar. Bis Februar wurden die Mikrowechselrichter mit der Firmware MW3_15U_5406_1.471 ausgeliefert. Zudem haben sich bei uns Käufer der Mikrowechselrichter SUN-M60G3-EU-Q0, SUN-M80G3-EU-Q0 und SUN-M100G3-EU-Q0 gemeldet und erklärt, dass sie im Lieferumfang kein externes Relay gefunden hätten. Wir hatten ja bereits angemerkt, dass in der Montageanleitung der neuen Wechselrichter (PDF) kein externes Relay zu sehen ist. Es bleibt also spannend.

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